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HEV 10/2002 Inhaltsverzeichnis
Altlasten

Betriebsstandorte
Von Jean-Claude Hofstetter, Leiter Sektion Altlasten
AWEL Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft

Die Baudirektion des Kantons Zürich lässt den Kataster der belasteten Standorte (KbS) gemäss Bundesgesetz über den Umweltschutz erstellen. In HEV 9/2002 wurde erläutert, wie belastete Ablagerungsstandorte im neuen KbS erfasst werden, um den bestehenden Altlastenverdachtsflächen-Kataster (VFK) möglichst rasch zu ersetzen. Nebst den Ablagerungsstandorten sind auch die bereits erfassten Betriebsstandorte (bisher als Industriestandorte bezeichnet) rechtsgleich in den KbS zu überführen. Auch diese Aufgabe wurde anfangs 2002 in Angriff genommen.

Ausgangslage im Kanton Zürich
Im Zürcher Altlastenverdachtsflächen-Kataster (VFK) sind rund 6'000 Betriebsstandorte eingetragen. Sie wurden in den frühen Neunzigerjahren mit einfachsten Mitteln, basierend auf vorhandenen Daten und Unterlagen erhoben. Ziel war es damals, im Sinne eines umfassenden Umweltschutzes, möglichst viele Standorte zu erfassen, die mit Abfällen bzw. Schadstoffen belastet sein könnten (sogenannte «Verdachtsflächen»).
In den Kataster der belasteten Standorte (KbS) sollen gemäss Altlasten-Verordnung Betriebsstandorte nur dann eingetragen werden, wenn eine Belastung feststeht oder mit grosser Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Diese sind zudem so genau wie möglich abzugrenzen. Beispielsweise wären auf einem Industrie- oder Gewerbeareal wohl die Produktionshallen, Werkstätten, Umschlag- und Lagerplätze, bei denen eine Verunreinigung des Untergrundes erwartet wird, in den KbS einzutragen, nicht aber die Verwaltungsgebäude oder Parkplätze und Freiflächen.
Mitte 2001 veröffentlichte das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) die Vollzugshilfe «Erstellung des Katasters der belasteten Standorte». Sie soll eine möglichst einheitliche, rechtsgleiche Standortbeurteilung in der ganzen Schweiz ermöglichen. Für Betriebsstandorte werden branchenspezifische Kriterien aufgeführt, die eine bessere Abgrenzung zwischen mit grosser Wahrscheinlichkeit belasteten und unbelasteten Standorten ermöglichen sollen.
Basierend auf den Vorgaben des Bundes und unter Berücksichtigung des seit Jahren erfolgreich laufenden Vollzugs des Altlastenrechtes im Kanton Zürich war ein konkretes Verfahren zur Erfassung der belasteten Betriebsstandorte zu entwickeln. Insbesondere war genauer festzulegen, wann ein Standort mit grosser Wahrscheinlichkeit belastet ist.

Methodenentwicklung
Zusammenarbeit
Zur Methodenentwicklung wurde wie bei den Ablagerungsstandorten eine Arbeitsgruppe gebildet. Sie besteht aus Kantons- und Branchenvertretern sowie Fachspezialisten. Als wichtiger Partner für diese Aufgabe konnte die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM-Industrie) gewonnen werden. Zu dieser Branche gehören im Kanton Zürich knapp ein Drittel der heute im VFK erfassten Betriebsstandorte.
Die Arbeitsgruppe hat als Ziel, eine Methode zu entwickeln, die es ermöglicht,
mit grosser Wahrscheinlichkeit belastete Betriebsstandorte mit einfachen Mitteln zu erkennen und abzugrenzen;
untersuchungsbedürftige Betriebsstandorte auszuscheiden und in einer Prioritätenliste zu führen;
die Erhebungen durch eine möglichst weitgehende Selbstdeklaration der Standortinhaberinnen und -inhaber zu unterstützen;
die rechtsgleiche Überführung aller Betriebsstandorte vom VFK in den KbS zu gewährleisten.

Grundlagen
Es liegt auf der Hand: Ausschlaggebend für die Beurteilung eines Betriebsstandortes sind die dort ausgeführten Tätigkeiten bzw. Prozesse und die dabei eingesetzten umweltgefährdenden Stoffe sowie die Möglichkeit, dass diese Stoffe in die Umwelt gelangen können.
Basierend auf der BUWAL-Vollzugshilfe, dem Prozesswissen und der Praxiserfahrung der Fachleute sowie weiteren Grundlagen wurde eine Prozess-Stoff-Matrix erarbeitet. Darin sind rund 60 Prozesse und etwa 12 umweltgefährdende Stoffe und Stoffgruppen zusammengestellt. So lassen sich unabhängig von der Branche auf einfache Art, die Standorte auf einem Betriebsareal ermitteln, auf denen Tätigkeiten stattgefunden haben, bei denen umweltgefährdende Stoffe eingesetzt wurden.
Da der KbS mit einfachen Mitteln erstellt werden muss, ist es in der Regel nicht möglich den eindeutigen Nachweis zu erbringen, dass an einem Betriebsstandort tatsächlich Schadstoffe in die Umwelt gelangten und er deshalb belastet ist. Daher war festzulegen, wann ein Betriebsstandort mit grosser Wahrscheinlichkeit belastet ist.
In Zusammenarbeit mit der MEM-Industrie erstellten Fachleute Prozessanalysen. Die möglichen Auswirkungen der einzelnen Tätigkeiten auf die Umwelt wurden überprüft und zusammengefasst. Zudem wurde die langjährige Erfahrung des AWEL aus der Vollzugspraxis zur Bewirtschaftung von belasteten Standorten ausgewertet. Als Basis dienten mehr als 4'000 Amtsgeschäfte (Dossiers), welche unter anderem Bauvorhaben, Untersuchungen und Überprüfungen sowie Sanierungen auf belasteten Standorten betreffen. So konnte an Hand von Erfahrungswerten nachvollzogen werden, welche Prozesse unter welchen Umständen mit grosser Wahrscheinlichkeit zu Belastungen führten.
Diese Angaben wurden einer mathematisch-statistischen Analyse unterzogen, um die Aussagekraft zu überprüfen. Es soll sichergestellt werden, dass Prozesse, die zu grossen Belastungen und erheblichen Einwirkungen auf Mensch und Umwelt führen können, möglichst vollständig im KbS erfasst werden (z.B. Prozesse bei denen chlorierte Kohlenwasserstoffe verwendet werden). Einzelne Fehleinträge müssen in diesen Fällen in Kauf genommen werden. Demgegenüber ist zu gewährleisten, dass bei Prozessen mit geringem Schadenspotenzial (z.B. Prozesse bei denen geringe Mengen Kohlenwasserstoffe verwendet werden) die Trefferquote hinsichtlich einer tatsächlichen Belastung möglichst gross ist.
Dieses Vorgehen trägt sowohl den Anliegen des Umweltschutzes als auch denen der Standortinhaberinnen und -inhaber Rechnung.
In einem weiteren Schritt wurden Prozessblätter erstellt. Damit ist es möglich, zu beurteilen, ob ein Prozess zu einem mit grosser Wahrscheinlichkeit belasteten Standort geführt hat, der in den KbS einzutragen ist. Die Prozessblätter haben folgende Struktur:
Prozessdefinition
Betroffenes Objekt (z.B. Gebäude)
Kriterien für den Eintrag in den KbS
Kriterien für die Untersuchungsbedürftigkeit und deren Dringlichkeit.

Ablauf
Die Überführung der Betriebsstandorte in den KbS soll standadrisiert werden und ähnlich ablaufen wie bei den Ablagerungsstandorten. Ein möglichst früher Kontakt mit den Betroffenen steht im Vordergrund. Es wird angestrebt, die meist umfangreichen Kenntnisse der Standortinhaberinnen und –inhaber mittels geeigneter Abfragen zu erschliessen. Dabei soll der Aufwand so gering wie möglich gehalten werden. Es ist ein zweistufiges Verfahren geplant. Zunächst erhalten die Betriebe einen Fragebogen zu den massgebenden Prozessen und den Zeiträumen in denen diese stattfanden. Die bereits bei AWEL vorhandenen Informationen aus dem VFK werden offen gelegt. In einem zweiten Schritt sind durch die Betriebe die tatsächlich relevanten Prozessblätter im Sinne einer «Selbstdeklaration» auszufüllen. Zu den Fragebogen und Prozessblättern wird den Betroffenen eine übersichtliche und verständliche Anleitung abgegeben. Die Unterlagen werden in Zusammenarbeit mit Spezialisten und Branchenvertretern erarbeitet.

Pilotlauf
Ende 2002 werden die aufgezeigte Methode und der Ablauf in einem Pilotlauf mit ausgewählten Betrieben der MEM-Industrie getestet. Der Pilotlauf wird wertvolle Hinweise liefern, ob grundsätzliche oder Detailanpassungen am Vorgehen nötig sind. Bereits der Pilotlauf wird durch eine externe Qualitätssicherung überwacht. Die Pilotbetriebe werden in einer Informationsveranstaltung über den Ablauf orientiert. Nach Abschluss des Pilotlaufes steht fest, welche der untersuchten Betriebsstandorte in den KbS einzutragen sind. Bewährt sich das entwickelte Vorgehen, so kann es im ganzen Kanton angewandt werden.

Produktionsphase
Die Produktionsphase soll nach heutiger Planung etwa im 2. Halbjahr 2003 beginnen. Sie wird in enger Zusammenarbeit mit den Branchenverbänden abgewickelt. Nur die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Standortinhaberinnen und -inhabern, Branchenverbänden und Behörden führt im Sinne eines zeitgemässen Umweltschutzes zu einem guten, gebrauchsfähigen und anerkannten Kataster der belasteten Standorte. Dies zeigt die bereits angelaufene Zusammenarbeit mit der MEM-Industrie.
Das BUWAL und interessierte Nachbarkantone werden regelmässig über den Projektstand orientiert. Somit sind die Voraussetzungen für ein gutes Gelingen dieser äusserst anspruchsvollen Aufgabe gegeben.

     
     
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