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HEV 9/2006 Inhaltsverzeichnis
Kaufrecht

     
  Prüfung, Rüge und Gewährleistung
beim Kauf einer Liegenschaft
* Tiziano Winiger
 
     
  Die Gewährleistung für den Kaufvertrag ist grundsätzlich im Art. 197 des Obligationenrechtes (OR) geregelt und kraft des Verweises von Art. 221 OR auch im Bereich des Immobilienkaufes anwendbar. Im Rahmen der Vertragsfreiheit kann die Gewährleistungspflicht im Rahmen des Gesetzes wegbedungen werden (vgl. RA Harald Solenthaler in HEV 3/05). Ist die Sachgewährleistung nicht wegbedungen, so haftet der Verkäufer sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, dass die Sache nicht körperliche oder rechtliche Mängel hat, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern.  
     
  Der Verkäufer haftet nur für Mängel, die vor dem Übergang der Gefahr entstanden sind, wobei der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und nicht des Eigentumsüberganges massgeblich ist [BGE 4C.324/2004 = Pra 94 (2005)].
Der Verkäufer haftet auch dann, wenn er denn Mangel nicht gekannt hat. Hat der Käufer den Mangel zur Zeit des Kaufes gekannt oder hätte er den Mangel bei Anwendung gewöhnlicher Aufmerksamkeit kennen sollen, dann haftet der Verkäufer nicht, es sei denn, er habe das Nichtvorhandensein des Mangels zugesichert (Art. 200 OR).
Mit der Übergabe der Sache, also mit dem Besitzesübergang [BGE 4C.324/2004 = Pra 94 (2005)], obliegt dem Käufer eine Prüfungspflicht. Versäumt der Käufer, den Mangel rechtzeitig zu rügen, so gilt die gekaufte Sache als genehmigt, soweit es sich um Mängel handelt, die bei der übungsgemässen Untersuchung erkennbar waren.
Die Prüfung der Liegenschaft ist sehr wichtig, weil der Käufer die Sachgewährleistungsansprüche nur geltend machen kann, wenn er den Mangel rechtzeitig angezeigt hat (Art. 201 OR). Rechtzeitig ist der Mangel angezeigt, wenn der Käufer, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, die Beschaffenheit der empfangenen Sache geprüft hat und, falls sich Mängel ergeben haben, für die der Verkäufer Gewähr zu leisten hat, diesem sofort nach der Entdeckung Anzeige macht. Was «sofort nach der Entdeckung » bedeutet, bestimmt sich (in Anlehnung an die werkvertraglichen Bestimmungen in Art. 370 Abs. 3 OR) nach den besonderen Umständen des konkreten Falles und insbesondere nach der Art des vorgefundenen Mangels.
Mängel, die nach und nach zum Vorschein kommen, weil sie in ihrer Ausdehnung und Intensität wachsen, gelten daher nicht schon als entdeckt, wenn erste Anzeichen auftreten, sondern erst, wenn der Käufer in der Lage ist, ihre Bedeutung und Tragweite festzustellen (unveröffentlichtes Urteil vom 17. November 2003, 4C.205/ 2003 E. 3.2; BGE 118 II 142 E. 3 b S. 148 f.). Mit anderen Worten ist der Käufer erst dann gehalten, den Mangel anzuzeigen, wenn ihm bekannt ist oder ihm nach Treu und Glauben bekannt sein müsste, dass eine mangelhafte Vertragserfüllung vorliegt (BGE 117 II 425 E. 2 S. 427). Versäumt es der Verkäufer, später zum Vorschein gekommene Mängel sofort nach der Entdeckung zu rügen, so gilt die Sache auch in Bezug auf diese als genehmigt (Art. 201 Abs. 3 OR).
Gemäss Art. 203 OR kann sich der Verkäufer, der den Käufer absichtlich getäuscht hat, indem er arglistig Mängel verheimlicht oder bestimmte Eigenschaften zugesichert hat, nicht auf die Beschränkung der Gewährleistungspflicht wegen unterlassener oder verspäteter Anzeige berufen.
Liegt ein Mangel vor und hat der Käufer diesen rechtzeitig gerügt, so kann er sich auf die Wandelung oder die Minderung berufen (Art. 205 OR). Mit der Wandelungsklage kann der Käufer den Kauf rückgängig machen; mit der Minderungsklage fordert er den Minderwert der Sache. Gesetzlich ist grundsätzlich beim Kaufvertrag keine Nachbesserung vorgesehen, wobei die Parteien die Nachbesserung vertraglich vereinbaren können. Auch wenn die Wandelungsklage angestellt worden ist, steht es dem Richter frei, bloss Ersatz des Minderwertes zuzusprechen, sofern die Umstände es nicht rechtfertigen, den Kauf rückgängig zu machen. Erreicht der geforderte Minderwert den Betrag des Kaufpreises, so kann der Käufer nur die Wandelung verlangen.
Die Klagen auf Gewährleistung wegen Mängel einer Sache (Kühlschrank, Waschmaschine, Tumbler) verjähren mit Ablauf eines Jahres nach deren Ablieferung an den Käufer, selbst wenn dieser die Mängel erst später entdeckt, es sei denn, dass der Verkäufer eine Haftung auf längere Zeit übernommen hat (Art. 210 OR). Die Pflicht zur Gewährleistung für die Mängel eines Gebäudes verjährt mit dem Ablauf von fünf Jahren, vom Erwerb des Eigentums an gerechnet (Art. 219 OR).
Demzufolge ist zu empfehlen, die gekaufte Immobilie vor der Unterzeichnung des Vertrages von einem Spezialisten überprüfen zu lassen, obwohl im Gegensatz etwa zu Deutschland in der Schweiz dazu keine rechtliche Pflicht besteht.
 
     
  * lic. iur., HEV Zürich  
 
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