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HEV 11/2008 Inhaltsverzeichnis
Verfahrensrecht

     
  Das Ausweisungsverfahren im
Kanton Zürich
 
     
  Verlässt der Mieter die Wohnung nicht rechtzeitig, d.h. nach Ablauf der Mietdauer, so kann der Vermieter sein Recht auf die Rückgabe der Mietwohnung im Ausweisungsverfahren durchsetzen.  
         
  Sandra Heinemann
lic. iur.
Sandra Heinemann,
tel. Rechtsberatung
HEV Zürich
  Wann ist der genaue Rückgabezeitpunkt?
Die Mietwohnung ist gemäss Gesetz am letzten Tag des Mietverhältnisses zur üblichen Geschäftszeit zurückzugeben (Art. 79 OR). Da diese Norm dispositiver Natur ist, steht es den Parteien frei, vertraglich eine andere Regelung zu treffen. Ist der Mietvertrag (inkl. den allgemeinen Bestimmungen dazu) des Hauseigentümerverbandes des Kantons Zürich verwendet worden, so ist die Mietwohnung bis spätestens dem der Beendigung des Mietverhältnisses folgenden Tag, 12 Uhr, zu übergeben.
 
   
  Was geschieht, wenn der Vermieter nicht
auf seinem Anspruch auf Ausweisung besteht?

Unter Umständen wird dann angenommen, dass das Mietverhältnis fortgesetzt wird, bzw. dass stillschweigend ein neuer Mietvertrag abgeschlossen wurde.
 
     
  Wann darf der Vermieter das Ausweisungsbegehren stellen?
Dieses Verfahren kann grundsätzlich erst eingeleitet werden, wenn der Rückgabezeitpunkt abgelaufen ist, also nach Ablauf der Kündigungs- oder Erstreckungsfrist. Voraussetzung ist, dass die Mieterschaft die Mietwohnung bis dahin nicht verlassen und geräumt hat. Wegen der grossen Geschäftslast der Gerichte kann es bis zum Verhandlungstermin allerdings längere Zeit dauern und, sofern die Parteien alle Rechtsmittel ausschöpfen, es können Monate vergehen, bis der Ausweisungsbefehl rechtskräftig wird.
Sollte der Vermieter bereits vor der Beendigung des Mietverhältnisses ein berechtigtes Rechtsschutzinteresse an einem richterlichen Entscheid über die Ausweisung haben, kann er das Ausweisungsverfahren schon davor stellen, und der Ausweisungsrichter darf es bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist einleiten. Die Ausweisung selbst kann aber nicht auf einen Zeitpunkt vor Vertragsbeendigung ausgesprochen werden.
Das vorzeitige Ausweisungsbegehren darf dann gestellt werden, wenn in liquider Weise erstellt ist oder wegen vorliegender objektiver Anhaltspunkte ernsthaft zu befürchten ist, dass der Mieter bei Vertragsende die Wohnung nicht geräumt haben wird. Beispiele dafür sind die Anfechtung einer (ausser-)ordentlichen Kündigung durch den Mieter, eine Zustellungsvereitelung von eingeschriebenen Briefen wie Zahlungsaufforderung und Kündigung nach Art. 257d OR durch den Mieter oder ein Brief des Mieters, in welchem er erklärt, dass er nicht freiwillig ausziehen resp. seiner Rückgabeverpflichtung nicht nachkommen werde. Nicht dafür ausreichend wäre hingegen ein Unterlassen einer Reaktion seitens des Mieters auf die Ankündigung eines Abgabetermins. Auf jeden Fall gilt es zu beachten, dass ein zu früh gestelltes Ausweisungsbegehren mangels Rechtsschutzinteresse abgelehnt werden kann. Die daraus resultieren Kosten- und Entschädigungsfolgen gehen zu Lasten des Vermieters.
 
     
  Gegen wen muss das Ausweisungsbegehren
gestellt werden?

Der Vermieter muss das Ausweisungsbegehren gegen den Mieter stellen. Da der Ausweisungsentscheid grundsätzlich (ausgenommen sind minderjährige Kinder und Angestellte, welche mit dem Mieter zusammen in der betreffenden Mietwohnung leben) nur gegenüber den am Verfahren Beteiligten durchgesetzt werden kann, ist es wichtig, alle bekannten Personen, welche das Mietobjekt belegen und dieses nicht verlassen wollen, im Ausweisungsbegehren aufzuführen.
Handelt es sich bei der nicht zurückgegebenen Wohnung um eine Familienwohnung und ist nur ein Ehegatte Vertragspartner des Vermieters, muss das Ausweisungsverfahren auch gegenüber dem anderen Ehegatten eingeleitet werden (vgl. HEV 03/2001).
Ein allfälliger Untermieter kann nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses ausgewiesen werden.
 
     
  Welche Angaben benötigt der Vermieter zur
Stellung des Ausweisungsverfahrens?

Die die Ausweisung begehrende Vermieterschaft muss ihre Personalien und die ihres Vertreters (falls vorhanden) vollständig angeben. Ebenso muss sie die Personalien der Mieterschaft und eines etwaigen bereits bekannten Vertreters bekannt geben. Weiter muss die Vermieterschaft Angaben zum Mietverhältnis machen (Datum Mietvertrag, Mietbeginn, Mietzins, Kündigung, z.T. auch deren Begründung) sowie das Mietobjekt genau bezeichnen (Adresse, Stockwerk, Wohnräume, Zweck, Anzahl Personen) und ihr Ausweisungsbegehren begründen (insbesondere, wenn sie z.B. nach Zahlungsfristansetzung oder Kündigung lange mit dem Stellen des Begehrens zugewartet hat). Beilagen sind mit einem Verzeichnis einzureichen (exakte Bezeichnung jedes Dokumentes mit Datum) und chronologisch zu nummerieren resp. zu ordnen. Beispiele für solche Dokumente sind: Vollmacht/Verwaltungsvertrag (bei Vertretung), Mietvertrag, Zahlungsfristansetzung, Abmahnung, Kündigung, Zustellbelege (Quittung für Einschreiben), sonstige Korrespondenz und Vereinbarungen mit dem Mieter.
 
     
  Was kennzeichnet resp. beinhaltet das
Ausweisungsverfahren?

Die Rechtsgrundlage für das Ausweisungsverfahren findet sich einerseits im Mietrecht (Art. 267 OR berechtigt den Vermieter, die Klage auf Rückgabe der Mietsache zu erheben) und andererseits im Sachenrecht (Art. 641 ZGB ermächtigt den Eigentümer einer Sache, diese von jedem, der sie ihm vorenthält, klageweise herauszuverlangen). Das Verfahren sowie die Bezeichnung der zuständigen Behörde betreffend die Ausweisung sind kantonal geregelt (Art. 274 OR). Auf Bundesebene wird in Art. 274a Abs. 1 lit. d OR lediglich festgelegt, dass die Schlichtungsbehörden die Begehren des Mieters bezüglich unbeweglicher Sachen bei hängigem Ausweisungsverfahren an die zuständige Behörde überweisen. Art. 274g OR besagt, dass bei pendentem Ausweisungsverfahren die durch den Mieter angefochtene ausserordentliche Kündigung in demselben Verfahren entschieden wird, sofern die Kündigung wegen Zahlungsverzugs des Mieters, schwerer Verletzung der Pflicht zur Sorgfalt und Rücksichtnahme seitens des Mieters, wichtigen Gründen oder Konkurs des Mieters ausgesprochen wurde. Dies ist in der Stadt Zürich insofern relevant, als die Ausweisung dem Audienzrichteramt obliegt und in den Landbezirken des Kantons Zürich hierfür der Einzelrichter am Bezirksgericht zuständig ist, andere Mietstreitigkeiten jedoch von der Schlichtungsbehörde behandelt werden.
Im Ausweisungsverfahren wird geprüft, ob das Mietverhältnis tatsächlich zu Ende gegangen ist. Wird die Wirksamkeit der Kündigung bestritten, hat die zuständige richterliche Behörde die Gültigkeit der Kündigung sowie anschliessend eine etwaige Missbräuchlichkeit zu prüfen. Wenn der Mieter die Kündigung rechtzeitig angefochten hat (Art. 273 OR) und ein Fall von Kompetenzattraktion vorliegt, prüft die für die Ausweisung zuständige Behörde die Möglichkeit einer Erstreckung.
Im Kanton Zürich findet das Ausweisungsverfahren in klaren, eindeutigen und unbestrittenen Fällen im Befehlsverfahren (einem summarischen Verfahren) nach § 222 Ziff. 2 ZPO ZH statt. Dieses ist ein rasches Verfahren. Das bedeutet auch, dass sowohl die Beweismittel wie auch die richterliche Kognition (Überprüfungsbefugnis) beschränkt sind. Zum Beweis zugelassen sind nach § 209 ZPO ZH dabei lediglich die persönliche Befragung, schriftliche Auskünfte, Augenschein und Urkunden. Das Begehren ist beim Richter am Ort der Mietwohnung zu stellen. Einige Bezirke im Kanton Zürich (Andelfingen, Bülach, Dietikon, Horgen, Pfäffikon, Uster [über Verweis nach Zürich], Zürich) stellen auf ihrer Gerichts-Homepage ein entsprechendes Formular für das Gesuch um Ausweisung zur Verfügung. Dieses kann in der Regel auch mündlich bei den Gerichten gestellt werden.
Ist die Beendigung des Mietverhältnisses umstritten und die Beweislage unklar, muss geklärt werden, ob und per wann dieses gültig beendigt worden ist. Diese Prüfung wird von der Schlichtungsbehörde bzw. vom Mietgericht durchgeführt.
Das Verfahren resultiert bei Berechtigung in einem Ausweisungsbefehl verbunden mit einer Vollstreckungsanweisung. Der Mieterschaft wird darin eine kurze Frist angesetzt, innert welcher sie die Wohnung räumen und zurückgeben muss.
 
     
  Wie wird die Ausweisung vollstreckt und
wer trägt die Kosten?

Folgt der Mieter dem Befehl der Ausweisungsbehörde, die Wohnung bis zum entsprechenden Termin zu räumen und zurückzugeben, nicht, kann der Vermieter im Vollstreckungsverfahren den Befehl amtlich vollziehen lassen. Der Vermieter darf damit nicht zu lange zuwarten, ansonsten dies als Erneuerung des Mietvertrages angesehen werden könnte. Ist der Ausweisungsbefehl in Rechtskraft erwachsen, kann der Vermieter diesen der zuständigen Behörde, im Kanton Zürich dem Stadt- resp. dem Gemeindeammannamt, mit dem Antrag zur Zwangsvollstreckung übergeben. Letzteres darf zur Durchführung wenn nötig gewaltsam, das heisst mit Hilfe der Polizei, vorgehen. Sollten sich noch Gegenstände in der Wohnung befinden, müssen diese eingelagert werden. Die Entsorgung des Abfalls sowie unbrauchbarer und wertloser Gegenstände wird üblicherweise dem Vermieter überlassen. Die Kosten für die Vollstreckung (inkl. Transport und Einlagerung) sind vom Vermieter vorab zu bezahlen und ihm hernach vom Mieter zurückzuerstatten. Der Stadt-/ Gemeindeammann kann dem Mieter eine Frist zur Abholung – unter Androhung, dass im Unterlassungsfall öffentlich versteigert werde – ansetzen. Der Erlös aus der Steigerung kann dann für die Bezahlung des Vorschusses verwendet werden. Vgl. dazu § 307 ZPO ZH.
 
     
  Hat der Vermieter andere rechtliche Möglichkeiten,
zu seiner Mietwohnung zu kommen?

Nein, sollte der Vermieter die Mietsache gewaltsam wieder in seinen Besitz nehmen, kann er sich strafrechtlich den Vorwurf des Hausfriedensbruchs gegenübergestellt sehen. Ausserdem muss er sich bewusst sein, dass er privatrechtlich eine rechtswidrige Handlung begeht.
 
     
  Kann der Vermieter andere Ansprüche
gegenüber dem Mieter geltend machen?

Gibt die Mieterschaft das Mietobjekt nicht rechtzeitig zurück, wird sie gegenüber der Vermieterschaft schadenersatzpflichtig (Art. 97 ff. OR). Konkret bedeutet dies, dass der Vermieter ein Entgelt, welches meist dem Mietzins entspricht, für den unrechtmässigen Gebrauch der Wohnung verlangen kann. Weiter kann der Vermieter den Betrag vom Mieter verlangen, welchen er der neuen Mieterschaft zu bezahlen hat, weil diese noch nicht einziehen kann. Steht die rechtzeitige Rückgabe der Mietsache allerdings erkenntlich in Frage, darf der Vermieter diese zu seinem eigenen Schutz (Vermeidung von Schadenersatzzahlungen bei eigenem Vertragsbruch resp. seiner Schadensminderungspflicht aus Art. 99 Abs. 3 i.V.m. Art. 44 OR) nicht weitervermieten. Entsteht dann ein Mietzinsausfall, weil die Wohnung nicht direkt weitervermietet werden kann, und hat der Vermieter aber alles dafür Nötige unternommen, so kann er diesen Ausfall ebenfalls in Rechnung stellen.
 
 
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