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Der Mangel im mietrechtlichen Sinne * Rafael Steger |
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Entsteht am
Mietobjekt ein Mangel, den weder der Mieter zu verantworten noch auf eigene
Kosten zu beseitigen hat, so hat der Vermieter auf Verlangen des Mieters den
Mangel zu beseitigen, den Mietzins verhältnismässig herabzusetzen und
eventuell Schadenersatz zu leisten. Als zusätzliches Druckmittel
gegenüber dem Vermieter wird dem Mieter die Möglichkeit einer
Mietzinshinterlegung in die Hände gegeben. |
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Wie bereits in der
Monatsschrift besprochen (vgl. HEV Zürich
9/2004,
4/2004), ist dieses Jahr vor allem im
Zusammenhang mit der Fluglärmbelastung der Begriff des Mangels im
mietrechtlichen Sinne ins Rampenlicht getreten. Aus diesem Grund wird im
Folgenden in einem ersten Teil auf den Begriff des Mangels im mietrechtlichen
Sinne, in einem zweiten auf die verhältnismässige Herabsetzung des
Mietzinses eingetreten. |
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1. Der Begriff
des Mangels im mietrechtlichen Sinn Das Gesetz definiert den Mangel nicht. Ein Mangel besteht, wenn die
Mietsache nicht mehr in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen,
vertragsgemässen und üblichen Zustand vorliegt. Anders
ausgedrückt ist ein Mangel gegeben, wenn die Mietsache vom
vorausgesetzten, vertragsgemässen und üblichen Zustand
abweicht. |
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a. Abgrenzung
zu den kleinen Reinigungen und Ausbesserungen Nicht jeder Mangel im umgangssprachlichen Sinn bewirkt, dass der
Mieter seine Mängelrechte ausüben kann. Zuerst muss man sich
darüber Klarheit verschaffen, ob es sich beim Mangel nicht um eine kleine
Reinigung bzw. Ausbesserung handelt, die vom Mieter zu tragen ist. Das Gesetz
spricht in Art. 259 OR von kleinen, für den Unterhalt erforderlichen
Reinigungen oder Ausbesserungen, die nach Ortsgebrauch vom Mieter auf eigene
Kosten zu beseitigen sind. Was im konkreten Fall ortsüblich (oder in
zulässiger Weise vertraglich abweichend geregelt) ist, bereitet teilweise
Mühe. Als Auslegungshilfe dienen dazu vorab die allgemeinen
Geschäftsbedingungen zum Mietvertrag für Wohnräume, die
sofern ein Formularmietvertrag des Zürcher Hauseigentümerverbandes
benutzt wurde als integrierender Vertragsbestandteil gelten. Darin sind
einerseits in aufzählender Weise diejenigen Arbeiten aufgeführt, die
als sog. kleiner Unterhalt vom Mieter auszuführen sind, und andererseits
die Generalklausel, wonach Arbeiten, die 1% des jährlichen Nettomietzinses
nicht übersteigen, ebenfalls vom Mieter zu tragen sind. Bei der
Generalklausel ist jedoch Vorsicht geboten, da die Beurteilung im Einzelfall,
ob eine kleine Reinigung oder Ausbesserung vorliegt, nicht einzig am
finanziellen Aufwand bemessen werden kann. Instandhaltungen, die ohne grosse
Fachkenntnisse ausgeführt werden können, fallen grundsätzlich
darunter. Als Schulbeispiele für
Instandhaltungen (mit Ersatz) fallen darunter das Ersetzen von Glühbirnen,
von Dichtungen eines tropfenden Wasserhahns, von Aufzugsgurten bei
Rollläden und Sonnenstoren oder eines Schwimmers im Spülkasten. Als
Instandhaltungen (ohne Ersatz) gelten das Schmieren von Scharnieren
(Türen, Fenster und Fensterläden) und Türschlössern, das
Wichsen von Holzböden oder das Entstopfen von Ablaufrohren. |
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b. Arten von
Mängeln im mietrechtlichen Sinn Jede Abweichung vom vertraglich oder gesetzlich geschuldeten Zustand
der Mietsache, der in einer Störung des damit bestimmten Gebrauchszwecks
mündet, ist ein Mangel. Ein Mangel kann somit in (fast) allen Facetten
auftreten. Obwohl rechtlich unbedeutend, kann im Sinne einer Klassifizierung
von einem körperlichen (defekte Schlösser) oder ideellen
(Baulärm, Betrieb eines Saunaclubs im Mietshaus), von einem
wirtschaftlichen (tieferer als zugesicherter Umsatz eines Restaurants) oder
rechtlichen (nach Baugesetz fehlende Wohnbewilligung für die Mietwohnung)
Mangel gesprochen werden. |
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c.
Unterscheidung nach der Intensität des Mangels Eine rechtlich bedeutsame Unterscheidung wird
bezüglich der Intensität vorgenommen. Nach Intensität der
Beeinträchtigung wird zwischen leichten, mittleren und schweren
Mängeln unterschieden. Diese Differenzierung ist insofern von Bedeutung,
als während des Mietverhältnisses nur ein mittlerer Mangel zu einer
Mietzinsreduktion berechtigt. Ein solcher ist anzunehmen, wenn entweder der
Gebrauch der gemieteten Sache im Umfang von mindestens 5% eingeschränkt
ist (= mittlerer Mangel) oder sich ein leichter Mangel über einen langen
Zeitraum dahinzieht, ohne dass der davon informierte Vermieter die notwendigen
Massnahmen zur Beseitigung ergreift mit der Konsequenz, dass dem Mieter eine
Beeinträchtigung des Genusses der gemieteten Sache zugestanden werden muss
(= leichter Mangel über einen langen Zeitraum). Der Zweck dieser Minimalgrenze ist in der Ausklammerung
von Bagatellfällen zu erblicken. Diese sollen und dürfen nicht zu
einer Mietzinsherabsetzung führen. |
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2.
Zusammenfassung Ein Mangel ist die
Abweichung der Mietsache vom vereinbarten, üblichen und zum
vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand. Der Vermieter hat den Mangel zu
beheben, wenn dieser weder vom Mieter zu verantworten noch im Rahmen kleiner
Reinigungen oder Ausbesserungen von diesem selbst zu beseitigen
ist. Der Mangel berechtigt zu einer
Mietzinsreduktion, wenn er ein mittlerer ist, d.h. die Intensität der
Beeinträchtigung den Gebrauch der Mietsache um mindestens 5%
übersteigt oder ein leichter während eines langen Zeitraums trotz
Kenntnis des Vermieters nicht beseitigt wird. In einer der folgenden Monatsschriften wird auf die
Bestimmung der Intensität der Beeinträchtigung des Gebrauchs der
Mietsache eingegangen, d.h., welche Lösungsansätze die
Klassifizierung eines Mangels als leichter oder mittlerer
ermöglichen. |
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lic. iur., Rechtsanwalt, HEV Zürich |
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